last update: 31.08.2014
Zur Originalseite:
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/cheko079.html
Schattenblick Logo
Schattenblick → INFOPOOL → NATURWISSENSCHAFTEN → CHEMIE
Besuchen Sie die SCHATTENBLICK-Seite bei Facebook.StandardformatDruck- und
Kopierformat
KOMMENTAR/079: Putzmittel im Hundefutter (SB)
Streckungsmittel im Tierfutter - Vorbote einer globalen Entwicklung
Ersatzstoffe und frisierte Lebensmittel sind auf dem Vormarsch
Melamin und Cyanursäure im Tierfutter
Mit der skurrilen Science-fiction Idee, alle organischen Abfälle,
einschließlich tierischer und menschlicher Kadaver, in einzelne Bausteine zu
zerlegen und wieder der Nahrungsmittelproduktion zuzuführen, weil die
Nahrungsvorräte, d.h. frische Lebensmittel, nicht mehr für die wachsende
Weltbevölkerung reichen, sind die meisten von uns spätestens seit dem Film "Soilent
Green" bestens vertraut. Was seinerzeit kritische Denkanstöße liefern sollte
durch die Darstellung auf die Spitze getriebener, gruseliger Recyclingmethoden
ist allerdings zumindest für das Tierfutter inzwischen bittere
Wahrheit geworden.
Spätestens, seitdem vor einem Monat das neue Recherchebuch von dem bekannten,
einstigen Spiegel-Journalisten Hans-Ulrich Grimm "Katzen würden Mäuse kaufen"
mit dem Untertitel "Schwarzbuch Tierfutter" erschienen ist, wissen wir, daß so
ziemlich alles, was Menschen eklig finden, Hunde wie andere Tiere aber als
freßbar betrachten, durchaus schon zu Tierfutter verarbeitet worden ist. Immer
wieder käme es vor, daß Schlachtabfälle
Inhaltsverzeichnis
Zur Tagesausgabe
Nächste Seite
und verdorbenes Fleisch als Tiermehl im Futter landen, sagte Grimm am 10.
April 2007 zur Einführung seines Buches im Deutschlandradio Kultur.
... Wenn Grimm bei seinen Recherchen nicht weiterkam, weil sich die
Auskunftsfreude der Branche in Grenzen hielt, dann zitiert er aus deren
internen Anweisungen und Standardwerken wie der "Klinischen Diätik für
Kleintiere". Darin steht, dass Tiere "auch Dinge fressen, die für den Menschen
unappetitlich sind", darunter "Erbrochenes, Abfall und sogar Kot und Kadaver".
(DLF, 15. Mai 2007)
Hundebesitzer wissen ein Lied davon zu singen, was so mancher Vierbeiner als
"lecker" oder "verzehrenswert" betrachtet, wenn sie bei ihrem Liebling
durchsetzen müssen, die tote Scholle am Strand oder den halbverwesten Hasen im
Feld nicht ganz aufzufressen, geschweige denn andere organische Reste
unbestimmter Herkunft am Wegesrand. Allerdings glaubten wohl die meisten von
uns bisher, daß die sauber abgepackten Hundefuttertüten oder die mit
Gewinnerschleifen von Tiershows im Label versehenen Tierfutterdosen reines,
gutes Qualitätsfutter enthalten, das den Liebling nicht nur mit wertvollen
Rohstoffen, sondern auch noch mit den für sein Alter, sein Gewicht oder seine
Rasse wichtigen und notwendigen Nährstoffen, Mineralien und Vitaminen
versorgt. Die Angaben von vermeintlich hochwertigen Rohproteinanteilen,
Mineralstoffen, Fett u. dgl., mit denen sich die bunten Labels so fachmännisch
schmücken, sagen allerdings nichts darüber aus,
woher die Proteine stammen und ob die Futtermischung, die laut Grimm zudem mit
"allerlei chemischen Tricks" versehen werden muß, damit selbst Tiere sie
überhaupt als etwas Eßbares wahrnehmen, ihre Analysenwerte aus
Fleischabfällen, Aschen oder einem Stück frischen Fleisch gewonnen hat. Mit
chemischen Tricks und Geschmacksverstärkern kann auch der feinste Geruchssinn
fehlgeleitet werden. Und das sollte auch dem zweibeinigen Verbraucher zu
denken geben.
Was nämlich bei der Tiernahrung möglich ist, gilt auch für Lebensmittel. Ohne
Geschmacksmanipulationen durch Geschmacksverstärker und künstliche Aromen geht
es kaum noch. Manche an künstliche Düfte gewöhnte Kinder lehnen inzwischen
sogar schon frische Erdbeeren als "viel zu fade" im Geschmack ab und
verweigern die Nahrungsaufnahme, wenn es sich denn nicht um die gesunden,
synthetischen "Fruchtdesserts mit naturidentischem Geschmack" handelt.
Was das aufgemotzte Lebensmittelabfallrecycling angeht - und es gibt auch
dafür in der Lebensmittelbranche zahlreiche schreckliche Beispiele (siehe
hierzu auch KOMMENTAR/066: Über das Geheimnis zarter, weißer Hühnerbrüstchen)
-, so kann man sagen, was man will, zumindest hat man es dabei immer noch mit
tierischen Proteinen, d.h. verdaulicher Nahrung zu tun.
Die Grenze zu rein synthetischer Nahrung bzw. zu vorgetäuschter Nahrung ohne
jeglichen Nährwert ist jedoch sehr dünn. Eine vage Ahnung von dem, was möglich
wäre oder vielleicht sogar angestrebt wird, liefern vor allem jene stolz
angepriesenen Nahrungs-
Vorherige Seite
Nächste Seite
surrogate der Diätmittelhersteller, die unverdauliche Fette und Zellulose als
Gleitmittel und Magenfüller sowie in sogenannte Zeolithe eingebrachte
Geschmacksstoffe für teures Geld verkaufen. Zeolithe oder auch Kieselgur sind
sehr gute Absorbentien, d.h. es handelt sich hierbei letztlich um die
Kieselsäureskelette kleinster Urtierchen (Diatomeen), die z.B. als
Ablagerungen aus dem Meer oder bestimmten Bodenschichten gefunden werden.
Genau genommen und rein chemisch ist es allerdings nichts anderes als
besonders poröser Sand, d.h. kleinste Kiesel mit einer besonders großen
Oberfläche, was ihn ausgesprochen saugfähig und zu einem hervorragenden
Trägermaterial für andere Stoffe macht.
Was in Diätprodukten noch erwünscht sein mag, wird jedoch inzwischen auch in
der normalen Lebensmittelproduktion als Ersatz- und Austauschstoff zunehmend
gang und gäbe, unter dem Vorwand, auch hier Kalorienmengen oder
Fettstatistiken in einem besseren, vermeintlich gesünderen Licht erscheinen zu
lassen. Jedem kritischen Betrachter drängt sich allerdings der Schluß auf, daß
die preiswerten Surrogate möglicherweise auch über den aufkommenden Mangel
hinwegtäuschen helfen.
Wen wundert es da noch, wenn sogar die Hersteller von einzelnen
Zusatznährstoffen (wie Weizengluten für die Spaghetti-Industrie) mal in den
chemischen Zauberkasten greifen, um die eigenen Produkte aufzuwerten, zumal
nicht nur die Nährwerte in den Agrarprodukten durch die zunehmend ausgelaugten
Böden sinken (d.h. der Glutengehalt im einzelnen Weizenkorn), sondern
zahlreiche Mißernten oder schlechte Erträge durch die sich ändernden
Umweltbedingungen einfach gar nicht mehr die nötigen Mengen an Agrar-
rohstoffen zur Verfügung stellen. Solange diese Substanzen keine unangenehmen
Nebenwirkungen besitzen, merkt niemand etwas von der Manipulation, zumal die
Analysewerte gerade durch diese Zusätze in einem besonders guten Licht
erscheinen.
Pech allerdings für den Hersteller wie die verarbeitende
Lebensmittelindustrie, wenn dabei Fehler unterlaufen, die auf solche
betrügerischen Machenschaften aufmerksam machen, wobei es letztlich wie in dem
kürzlich durch die Medien bekanntgewordenen Skandal zweier chinesischer
Produzenten immer diejenigen am meisten trifft, die am wenigsten mit der
ganzen Affäre zu tun haben. So hieß es in einer Pressemitteilung der
Nachrichtenagentur Reuters schon am 3. April, die amerikanische Food and Drug
Administration habe die Einfuhr von Weizengluten der Firma Xuzhou Anying
Biologic Technology Development Company Ltd. gestoppt.
The FDA said wheat gluten supplied by the company to Menu Foods was found to
contain melamine, a chemical used in plastics and fertilizers. Menu Foods has
recalled 60 million cans and pouches of "cuts-and-gravy" style wet pet food
sold under various brands after the deaths of 14 cats and dogs.
(Reuters, 3. April 2007)
14 Tiere waren an Tierfutter gestorben, in dem das Gluten dieser Firma
verarbeitet worden war. Im Futter will man schließlich Melamin gefunden haben,
ein Stoff, der, weiterverarbeitet zu Harz in hochglänzenden Autolacken, in
Kunstharzen, in sogenannten Ami-
Vorherige Seite
Nächste Seite
noplasten, in vielen Gebrauchsgegenständen aus Kunststoff und schließlich als
Abrasivteilchen (Scheuerteilchen) in Scheuer- und Putzmitteln herkömmlicher
Hersteller nichts Ungewöhnliches ist, aber in Hundefutter schlicht nichts zu
suchen hat.
Was aber hat Melamin im Hundefutter zu suchen?
Melamin wird technisch aus nichts anderem als Harnstoff gewonnen, wobei sich
Harnstoff NH2-CO-NH2 zu einem Sechsring (chemisch einem 1,3,5-Triazin)
schließt. Wenn man bedenkt, daß sich Harnstoff aus beinahe allen Exkrementen
und organischen Abfällen gewinnen läßt, die von proteinhaltigen Lebewesen
stammen, dann bekommt das Ganze an dieser Stelle schon einen leicht makabren,
soilent-grünen Beigeschmack. Allerdings ist Harnstoff, abgesehen von seiner
Funktion als Düngemittel, sogar ein ganz legaler Zusatz für Futtermittel, um
den Stickstoffanteil zu erhöhen und keineswegs schädlich. Mensch und Tier
haben, sofern sie gesund sind, ausreichend Möglichkeiten in ihrem
Metabolismus, mit Harnstoff fertigzuwerden.
Melamin eignet sich allerdings nicht nur mit seinem im Vergleich zu Harnstoff
noch höheren Stickstoffanteil von 60 Prozent dazu, Stickstoff zu ergänzen, es
täuscht bei einer bestimmten Probe auf Proteine (der sogenannten Weender
Analyse) einen wesentlich höheren Proteingehalt und damit z.B. im Gluten
ebenfalls eine höhere Qualität vor als eigentlich vorhanden.
Da Melamin im tierischen Organismus auch wieder zu Harnstoff abgebaut werden
kann, wird es laut Veterinär Dr. Manfred Stein
erst ab einer unüblich hohen Konzentration für den tierischen Organismus
schädlich, d.h. wenn soviel Melamin ausgeschieden werden muß, daß es in der
Blase auskristallisiert und Blasensteine verursacht. Gestorben wäre daran aber
bisher noch kein Tier.
Anders gesagt, die chemische Substanz Melamin wurde vermutlich schon jahrelang
Pflanzeneiweißstoffen wie Gluten (Weizen) oder Reisproteinen beigemischt, ohne
daß es jemandem aufgefallen oder ein Tier zu Schaden gekommen wäre.
Die Todesfälle an Haustieren in Amerika sollen auf einen zweiten Stoff in dem
Tierfutter zurückgehen, der vermutlich absichtlich beigefügt wurde, um
wiederum den Proteinersatzstoff Melamin zu strecken.
Bisher spekuliert man darüber, daß dieser Stoff, die Cyanursäure, wegen ihrer
großen Ähnlichkeit zu Melamin ausgesucht worden ist, weil nicht mehr
ausreichend Melamin zum Vortäuschen von Protein zur Verfügung stand. Offenbar
wußte man nicht, daß dies fatale Folgen vor allem für den Endverbraucher haben
würde. Schließlich kann der Hersteller nicht unbedingt vorausahnen, zu was
sein Gluten letztlich verarbeitet wird, Tierfutter oder Spaghetti.
Cyanursäure gleicht Melamin (chemisch eigentlich Cyanursäure-amid) von der
chemischen Struktur her wie ein Zwilling dem anderen, bei dem aber alle aus
dem Ring herausragenden Aminogruppen durch OH-Gruppen ersetzt worden sind. Man
kann z.B. Melamin auch unter bestimmten Voraussetzungen gewinnen, indem man
Cyanursäure in Ammoniak kocht. Soweit gingen die
Vorherige Seite
Nächste Seite
chinesischen Pflanzeneiweißhersteller allerdings nicht. Sie ergänzten ganz
einfach die fehlende Menge Melamin mit Cyanursäure (die allerdings nur noch
die Hälfte an Stickstoff enthält).
Cyanursäure ist zwar ein Reizstoff, der u.a. zur Schwimmbaddesinfektion
verwendet wird, wäre aber für sich genommen ebenfalls kein ausgesprochenes
Gift. Gemeinsam mit Melamin entsteht daraus dann ein tödliches Gemisch, was
fatalerweise erst durch diese Futtermittelverfälschung entdeckt wurde.
Wie diese beiden Stoffe genau zusammenwirken, wußte man zunächst nicht. Die
betroffenen Tiere zeigen die bekannten Symptome von Nierenversagen. D.h. sie
reagieren mit vermehrtem Wasserbedarf und entsprechend starkem Wasserlassen,
das dann wieder nachläßt, bis zum vollständigen Nierenversagen. Der
Symptomkomplex trifft aber auch noch für eine Anzahl weiterer Erkrankungen zu
(z.B. Diabetes oder Leptospirosa-Infektionen), so daß im Verdachtsfall das
Hinzuziehen eines kompetenten Tierarztes für eine sachliche und umfassende
Diagnose unerläßlich bleibt. Spekulationen oder vorschnelle Panik aufgrund
eines Verdachts auf Vergiftung könnten ebenso fatale Folgen haben wie
unterlassene Hilfsmaßnahmen.
Ab einem gewissen Punkt der Vergiftung ist die Niere allerdings so geschädigt,
daß es für das Haustier meist keine Rettung mehr gibt, denn die sehr teure
künstliche Dialyse, die als einzige und letzte Rettung bei Nierenversagen das
Mittel der Wahl wäre, ist in der Tiermedizin gar nicht vorgesehen.
In einem Bericht der amerikanischen University of Guelph in der von ihr
veröffentlichten "Science Daily" vom 3. Mai 2007 konnte man dann schließlich
auch eine mögliche Erklärung dafür finden, warum Cyanursäure und Melamin
gemeinsam mit den Todesfällen in Verbindung gebracht werden dürfen.
Wissenschaftler hatten aus dem Urin der erkrankten bzw. verstorbenen Tiere
Kristallspuren isoliert, die sie mit synthetisch hergestellten Kristallen
verglichen, die wiederum im Labor aus Cyanursäure und Melamin produziert
worden waren. Tatsächlich handelte es sich um die gleichen Stoffe, was den
Verdacht erhärtet, daß diese beiden Stoffe zusammen in den Pflanzenproteinen
der betroffenen chinesischen Firmen verwendet worden sind.
Daß sich Cyanursäure aus Melamin abspaltet, wäre zwar theoretisch ebenfalls
möglich, allerdings nur in starken Säuren oder beim Erhitzen über 200 bis 300
Grad Celsius, was in diesem Fall wohl kaum unbemerkt geblieben wäre.
Im tierischen Organismus reagieren die beiden Substanzen vermutlich unter
Auskristallisation miteinander, wobei sie die Kanälchen in den Nieren
verstopfen, was dann mit den beschriebenen fatalen und vermutlich
irreversiblen Folgen für das Tier endet, wenn man bedenkt, daß Melamin
chemisch durch Polykondensation mit Formaldehyd zu den sogenannten
Melaminharzen (Kunstoffpolymeren) große dauerhafte Moleküle bildet. Tritt hier
die Cyanursäure beispielsweise an die Stelle des Formaldehyds, dann lassen
sich die Polymere im tierischen Organismus nicht mehr auflösen.
Vorherige Seite
Nächste Seite
Man kann daher die Panik durchaus verstehen, als NDR info am 10. Mai den
Verdacht äußerte, es sei möglicherweise auch mit Chemikalien verseuchtes
Katzen- und Hundefutter nach Deutschland gelangt. In den USA steht der
Futtermitterhersteller Menu-foods, der 60 Millionen Dosen zurückrufen mußte,
inzwischen kurz vor der Pleite, obwohl er selbst eigentlich zu den Betrogenen
gehört. Die Möglichkeit, daß Gluten oder Reisprotein der chinesischen
Hersteller auch in der nordamerikanischen oder europäischen
Lebensmittelindustrie gelandet sein könnte, wurde allerdings bisher immer
verneint. Doch gründet sich diese Aussage nicht auf Analysen. Laut NDR info:
... sind in Deutschland die Bundesländer für die Überwachung von Futter- und
Lebensmitteln zuständig. Nach Auskunft der Ministerien werden bislang keine
Produkte auf Melamin getestet.
(Norddeutscher Rundfunk 10. Mai 2007/RC)
Neben der Angst vor einer langen und schmerzhaften Krankheit
gehört Gift zu den Dingen, vor denen sich der Mensch am meisten fürchtet.
Gerade diese Angst und Panik wird durch die Medien geschürt, während sie die
sehr viel schwerwiegenderen Probleme, die die Zukunft der Menschheit
betreffen, gewöhnlich doch lieber verschleiern und verharmlosen.
Man könnte meinen, daß mithilfe der Sorge und der Angst um des Menschen besten
Freund zum einen gerade von den eigentlich gravierenderen Schwierigkeiten wie
massiven Umweltveränderungen abgelenkt werden soll. Zum anderen gewöhnt sich
der Mensch durch die Wiederholung solcher Fälle und durch die garantiert nicht
ausbleibende Erleichterung, daß er und sein eigener Liebling nur mit dem
Schreck davon gekommen sind, ganz allmählich an den Recyclinggedanken, ohne
daß es ihm bewußt wird. Und schließlich schmeckt die schlichte Gemüsesuppe,
selbst aufgebrüht aus der Tüte, oder der leckere Erdbeerjoghurt mit seinem
hohen Fruchtanteil (aus gefärbtem Apfeltrester mit Erdbeeraromen) dann doch
gleich viel besser.
4. Juni 2007
Copyright 2007 by MA-Verlag
Elektronische Zeitung Schattenblick, ISSN 2190-6963
Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher
Genehmigung des Verlages.
Redaktion Schattenblick, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth
Telefon: 04837/90 26 98 · Fax: 04837/90 26 97
E-Mail: ma-verlag.redakt.schattenblick@gmx.de
Internet: www.schattenblick.de
Inhaltverzeichnis
Zur Tagesausgabe
Vorherige Seite
Erste Seite
Schattenblick Logo
Schattenblick → INFOPOOL → NATURWISSENSCHAFTEN → CHEMIE
Besuchen Sie die SCHATTENBLICK-Seite bei Facebook.StandardformatDruck- und
Kopierformat
KOMMENTAR/079: Putzmittel im Hundefutter (SB)
Streckungsmittel im Tierfutter - Vorbote einer globalen Entwicklung
Ersatzstoffe und frisierte Lebensmittel sind auf dem Vormarsch
Melamin und Cyanursäure im Tierfutter
Mit der skurrilen Science-fiction Idee, alle organischen Abfälle,
einschließlich tierischer und menschlicher Kadaver, in einzelne Bausteine zu
zerlegen und wieder der Nahrungsmittelproduktion zuzuführen, weil die
Nahrungsvorräte, d.h. frische Lebensmittel, nicht mehr für die wachsende
Weltbevölkerung reichen, sind die meisten von uns spätestens seit dem Film "Soilent
Green" bestens vertraut. Was seinerzeit kritische Denkanstöße liefern sollte
durch die Darstellung auf die Spitze getriebener, gruseliger Recyclingmethoden
ist allerdings zumindest für das Tierfutter inzwischen bittere
Wahrheit geworden.
Spätestens, seitdem vor einem Monat das neue Recherchebuch von dem bekannten,
einstigen Spiegel-Journalisten Hans-Ulrich Grimm "Katzen würden Mäuse kaufen"
mit dem Untertitel "Schwarzbuch Tierfutter" erschienen ist, wissen wir, daß so
ziemlich alles, was Menschen eklig finden, Hunde wie andere Tiere aber als
freßbar betrachten, durchaus schon zu Tierfutter verarbeitet worden ist. Immer
wieder käme es vor, daß Schlachtabfälle
Inhaltsverzeichnis
Zur Tagesausgabe
Nächste Seite
und verdorbenes Fleisch als Tiermehl im Futter landen, sagte Grimm am 10.
April 2007 zur Einführung seines Buches im Deutschlandradio Kultur.
... Wenn Grimm bei seinen Recherchen nicht weiterkam, weil sich die
Auskunftsfreude der Branche in Grenzen hielt, dann zitiert er aus deren
internen Anweisungen und Standardwerken wie der "Klinischen Diätik für
Kleintiere". Darin steht, dass Tiere "auch Dinge fressen, die für den Menschen
unappetitlich sind", darunter "Erbrochenes, Abfall und sogar Kot und Kadaver".
(DLF, 15. Mai 2007)
Hundebesitzer wissen ein Lied davon zu singen, was so mancher Vierbeiner als
"lecker" oder "verzehrenswert" betrachtet, wenn sie bei ihrem Liebling
durchsetzen müssen, die tote Scholle am Strand oder den halbverwesten Hasen im
Feld nicht ganz aufzufressen, geschweige denn andere organische Reste
unbestimmter Herkunft am Wegesrand. Allerdings glaubten wohl die meisten von
uns bisher, daß die sauber abgepackten Hundefuttertüten oder die mit
Gewinnerschleifen von Tiershows im Label versehenen Tierfutterdosen reines,
gutes Qualitätsfutter enthalten, das den Liebling nicht nur mit wertvollen
Rohstoffen, sondern auch noch mit den für sein Alter, sein Gewicht oder seine
Rasse wichtigen und notwendigen Nährstoffen, Mineralien und Vitaminen
versorgt. Die Angaben von vermeintlich hochwertigen Rohproteinanteilen,
Mineralstoffen, Fett u. dgl., mit denen sich die bunten Labels so fachmännisch
schmücken, sagen allerdings nichts darüber aus,
woher die Proteine stammen und ob die Futtermischung, die laut Grimm zudem mit
"allerlei chemischen Tricks" versehen werden muß, damit selbst Tiere sie
überhaupt als etwas Eßbares wahrnehmen, ihre Analysenwerte aus
Fleischabfällen, Aschen oder einem Stück frischen Fleisch gewonnen hat. Mit
chemischen Tricks und Geschmacksverstärkern kann auch der feinste Geruchssinn
fehlgeleitet werden. Und das sollte auch dem zweibeinigen Verbraucher zu
denken geben.
Was nämlich bei der Tiernahrung möglich ist, gilt auch für Lebensmittel. Ohne
Geschmacksmanipulationen durch Geschmacksverstärker und künstliche Aromen geht
es kaum noch. Manche an künstliche Düfte gewöhnte Kinder lehnen inzwischen
sogar schon frische Erdbeeren als "viel zu fade" im Geschmack ab und
verweigern die Nahrungsaufnahme, wenn es sich denn nicht um die gesunden,
synthetischen "Fruchtdesserts mit naturidentischem Geschmack" handelt.
Was das aufgemotzte Lebensmittelabfallrecycling angeht - und es gibt auch
dafür in der Lebensmittelbranche zahlreiche schreckliche Beispiele (siehe
hierzu auch KOMMENTAR/066: Über das Geheimnis zarter, weißer Hühnerbrüstchen)
-, so kann man sagen, was man will, zumindest hat man es dabei immer noch mit
tierischen Proteinen, d.h. verdaulicher Nahrung zu tun.
Die Grenze zu rein synthetischer Nahrung bzw. zu vorgetäuschter Nahrung ohne
jeglichen Nährwert ist jedoch sehr dünn. Eine vage Ahnung von dem, was möglich
wäre oder vielleicht sogar angestrebt wird, liefern vor allem jene stolz
angepriesenen Nahrungs-
Vorherige Seite
Nächste Seite
surrogate der Diätmittelhersteller, die unverdauliche Fette und Zellulose als
Gleitmittel und Magenfüller sowie in sogenannte Zeolithe eingebrachte
Geschmacksstoffe für teures Geld verkaufen. Zeolithe oder auch Kieselgur sind
sehr gute Absorbentien, d.h. es handelt sich hierbei letztlich um die
Kieselsäureskelette kleinster Urtierchen (Diatomeen), die z.B. als
Ablagerungen aus dem Meer oder bestimmten Bodenschichten gefunden werden.
Genau genommen und rein chemisch ist es allerdings nichts anderes als
besonders poröser Sand, d.h. kleinste Kiesel mit einer besonders großen
Oberfläche, was ihn ausgesprochen saugfähig und zu einem hervorragenden
Trägermaterial für andere Stoffe macht.
Was in Diätprodukten noch erwünscht sein mag, wird jedoch inzwischen auch in
der normalen Lebensmittelproduktion als Ersatz- und Austauschstoff zunehmend
gang und gäbe, unter dem Vorwand, auch hier Kalorienmengen oder
Fettstatistiken in einem besseren, vermeintlich gesünderen Licht erscheinen zu
lassen. Jedem kritischen Betrachter drängt sich allerdings der Schluß auf, daß
die preiswerten Surrogate möglicherweise auch über den aufkommenden Mangel
hinwegtäuschen helfen.
Wen wundert es da noch, wenn sogar die Hersteller von einzelnen
Zusatznährstoffen (wie Weizengluten für die Spaghetti-Industrie) mal in den
chemischen Zauberkasten greifen, um die eigenen Produkte aufzuwerten, zumal
nicht nur die Nährwerte in den Agrarprodukten durch die zunehmend ausgelaugten
Böden sinken (d.h. der Glutengehalt im einzelnen Weizenkorn), sondern
zahlreiche Mißernten oder schlechte Erträge durch die sich ändernden
Umweltbedingungen einfach gar nicht mehr die nötigen Mengen an Agrar-
rohstoffen zur Verfügung stellen. Solange diese Substanzen keine unangenehmen
Nebenwirkungen besitzen, merkt niemand etwas von der Manipulation, zumal die
Analysewerte gerade durch diese Zusätze in einem besonders guten Licht
erscheinen.
Pech allerdings für den Hersteller wie die verarbeitende
Lebensmittelindustrie, wenn dabei Fehler unterlaufen, die auf solche
betrügerischen Machenschaften aufmerksam machen, wobei es letztlich wie in dem
kürzlich durch die Medien bekanntgewordenen Skandal zweier chinesischer
Produzenten immer diejenigen am meisten trifft, die am wenigsten mit der
ganzen Affäre zu tun haben. So hieß es in einer Pressemitteilung der
Nachrichtenagentur Reuters schon am 3. April, die amerikanische Food and Drug
Administration habe die Einfuhr von Weizengluten der Firma Xuzhou Anying
Biologic Technology Development Company Ltd. gestoppt.
The FDA said wheat gluten supplied by the company to Menu Foods was found to
contain melamine, a chemical used in plastics and fertilizers. Menu Foods has
recalled 60 million cans and pouches of "cuts-and-gravy" style wet pet food
sold under various brands after the deaths of 14 cats and dogs.
(Reuters, 3. April 2007)
14 Tiere waren an Tierfutter gestorben, in dem das Gluten dieser Firma
verarbeitet worden war. Im Futter will man schließlich Melamin gefunden haben,
ein Stoff, der, weiterverarbeitet zu Harz in hochglänzenden Autolacken, in
Kunstharzen, in sogenannten Ami-
Vorherige Seite
Nächste Seite
noplasten, in vielen Gebrauchsgegenständen aus Kunststoff und schließlich als
Abrasivteilchen (Scheuerteilchen) in Scheuer- und Putzmitteln herkömmlicher
Hersteller nichts Ungewöhnliches ist, aber in Hundefutter schlicht nichts zu
suchen hat.
Was aber hat Melamin im Hundefutter zu suchen?
Melamin wird technisch aus nichts anderem als Harnstoff gewonnen, wobei sich
Harnstoff NH2-CO-NH2 zu einem Sechsring (chemisch einem 1,3,5-Triazin)
schließt. Wenn man bedenkt, daß sich Harnstoff aus beinahe allen Exkrementen
und organischen Abfällen gewinnen läßt, die von proteinhaltigen Lebewesen
stammen, dann bekommt das Ganze an dieser Stelle schon einen leicht makabren,
soilent-grünen Beigeschmack. Allerdings ist Harnstoff, abgesehen von seiner
Funktion als Düngemittel, sogar ein ganz legaler Zusatz für Futtermittel, um
den Stickstoffanteil zu erhöhen und keineswegs schädlich. Mensch und Tier
haben, sofern sie gesund sind, ausreichend Möglichkeiten in ihrem
Metabolismus, mit Harnstoff fertigzuwerden.
Melamin eignet sich allerdings nicht nur mit seinem im Vergleich zu Harnstoff
noch höheren Stickstoffanteil von 60 Prozent dazu, Stickstoff zu ergänzen, es
täuscht bei einer bestimmten Probe auf Proteine (der sogenannten Weender
Analyse) einen wesentlich höheren Proteingehalt und damit z.B. im Gluten
ebenfalls eine höhere Qualität vor als eigentlich vorhanden.
Da Melamin im tierischen Organismus auch wieder zu Harnstoff abgebaut werden
kann, wird es laut Veterinär Dr. Manfred Stein
erst ab einer unüblich hohen Konzentration für den tierischen Organismus
schädlich, d.h. wenn soviel Melamin ausgeschieden werden muß, daß es in der
Blase auskristallisiert und Blasensteine verursacht. Gestorben wäre daran aber
bisher noch kein Tier.
Anders gesagt, die chemische Substanz Melamin wurde vermutlich schon jahrelang
Pflanzeneiweißstoffen wie Gluten (Weizen) oder Reisproteinen beigemischt, ohne
daß es jemandem aufgefallen oder ein Tier zu Schaden gekommen wäre.
Die Todesfälle an Haustieren in Amerika sollen auf einen zweiten Stoff in dem
Tierfutter zurückgehen, der vermutlich absichtlich beigefügt wurde, um
wiederum den Proteinersatzstoff Melamin zu strecken.
Bisher spekuliert man darüber, daß dieser Stoff, die Cyanursäure, wegen ihrer
großen Ähnlichkeit zu Melamin ausgesucht worden ist, weil nicht mehr
ausreichend Melamin zum Vortäuschen von Protein zur Verfügung stand. Offenbar
wußte man nicht, daß dies fatale Folgen vor allem für den Endverbraucher haben
würde. Schließlich kann der Hersteller nicht unbedingt vorausahnen, zu was
sein Gluten letztlich verarbeitet wird, Tierfutter oder Spaghetti.
Cyanursäure gleicht Melamin (chemisch eigentlich Cyanursäure-amid) von der
chemischen Struktur her wie ein Zwilling dem anderen, bei dem aber alle aus
dem Ring herausragenden Aminogruppen durch OH-Gruppen ersetzt worden sind. Man
kann z.B. Melamin auch unter bestimmten Voraussetzungen gewinnen, indem man
Cyanursäure in Ammoniak kocht. Soweit gingen die
Vorherige Seite
Nächste Seite
chinesischen Pflanzeneiweißhersteller allerdings nicht. Sie ergänzten ganz
einfach die fehlende Menge Melamin mit Cyanursäure (die allerdings nur noch
die Hälfte an Stickstoff enthält).
Cyanursäure ist zwar ein Reizstoff, der u.a. zur Schwimmbaddesinfektion
verwendet wird, wäre aber für sich genommen ebenfalls kein ausgesprochenes
Gift. Gemeinsam mit Melamin entsteht daraus dann ein tödliches Gemisch, was
fatalerweise erst durch diese Futtermittelverfälschung entdeckt wurde.
Wie diese beiden Stoffe genau zusammenwirken, wußte man zunächst nicht. Die
betroffenen Tiere zeigen die bekannten Symptome von Nierenversagen. D.h. sie
reagieren mit vermehrtem Wasserbedarf und entsprechend starkem Wasserlassen,
das dann wieder nachläßt, bis zum vollständigen Nierenversagen. Der
Symptomkomplex trifft aber auch noch für eine Anzahl weiterer Erkrankungen zu
(z.B. Diabetes oder Leptospirosa-Infektionen), so daß im Verdachtsfall das
Hinzuziehen eines kompetenten Tierarztes für eine sachliche und umfassende
Diagnose unerläßlich bleibt. Spekulationen oder vorschnelle Panik aufgrund
eines Verdachts auf Vergiftung könnten ebenso fatale Folgen haben wie
unterlassene Hilfsmaßnahmen.
Ab einem gewissen Punkt der Vergiftung ist die Niere allerdings so geschädigt,
daß es für das Haustier meist keine Rettung mehr gibt, denn die sehr teure
künstliche Dialyse, die als einzige und letzte Rettung bei Nierenversagen das
Mittel der Wahl wäre, ist in der Tiermedizin gar nicht vorgesehen.
In einem Bericht der amerikanischen University of Guelph in der von ihr
veröffentlichten "Science Daily" vom 3. Mai 2007 konnte man dann schließlich
auch eine mögliche Erklärung dafür finden, warum Cyanursäure und Melamin
gemeinsam mit den Todesfällen in Verbindung gebracht werden dürfen.
Wissenschaftler hatten aus dem Urin der erkrankten bzw. verstorbenen Tiere
Kristallspuren isoliert, die sie mit synthetisch hergestellten Kristallen
verglichen, die wiederum im Labor aus Cyanursäure und Melamin produziert
worden waren. Tatsächlich handelte es sich um die gleichen Stoffe, was den
Verdacht erhärtet, daß diese beiden Stoffe zusammen in den Pflanzenproteinen
der betroffenen chinesischen Firmen verwendet worden sind.
Daß sich Cyanursäure aus Melamin abspaltet, wäre zwar theoretisch ebenfalls
möglich, allerdings nur in starken Säuren oder beim Erhitzen über 200 bis 300
Grad Celsius, was in diesem Fall wohl kaum unbemerkt geblieben wäre.
Im tierischen Organismus reagieren die beiden Substanzen vermutlich unter
Auskristallisation miteinander, wobei sie die Kanälchen in den Nieren
verstopfen, was dann mit den beschriebenen fatalen und vermutlich
irreversiblen Folgen für das Tier endet, wenn man bedenkt, daß Melamin
chemisch durch Polykondensation mit Formaldehyd zu den sogenannten
Melaminharzen (Kunstoffpolymeren) große dauerhafte Moleküle bildet. Tritt hier
die Cyanursäure beispielsweise an die Stelle des Formaldehyds, dann lassen
sich die Polymere im tierischen Organismus nicht mehr auflösen.
Vorherige Seite
Nächste Seite
Man kann daher die Panik durchaus verstehen, als NDR info am 10. Mai den
Verdacht äußerte, es sei möglicherweise auch mit Chemikalien verseuchtes
Katzen- und Hundefutter nach Deutschland gelangt. In den USA steht der
Futtermitterhersteller Menu-foods, der 60 Millionen Dosen zurückrufen mußte,
inzwischen kurz vor der Pleite, obwohl er selbst eigentlich zu den Betrogenen
gehört. Die Möglichkeit, daß Gluten oder Reisprotein der chinesischen
Hersteller auch in der nordamerikanischen oder europäischen
Lebensmittelindustrie gelandet sein könnte, wurde allerdings bisher immer
verneint. Doch gründet sich diese Aussage nicht auf Analysen. Laut NDR info:
... sind in Deutschland die Bundesländer für die Überwachung von Futter- und
Lebensmitteln zuständig. Nach Auskunft der Ministerien werden bislang keine
Produkte auf Melamin getestet.
(Norddeutscher Rundfunk 10. Mai 2007/RC)
Neben der Angst vor einer langen und schmerzhaften Krankheit
gehört Gift zu den Dingen, vor denen sich der Mensch am meisten fürchtet.
Gerade diese Angst und Panik wird durch die Medien geschürt, während sie die
sehr viel schwerwiegenderen Probleme, die die Zukunft der Menschheit
betreffen, gewöhnlich doch lieber verschleiern und verharmlosen.
Man könnte meinen, daß mithilfe der Sorge und der Angst um des Menschen besten
Freund zum einen gerade von den eigentlich gravierenderen Schwierigkeiten wie
massiven Umweltveränderungen abgelenkt werden soll. Zum anderen gewöhnt sich
der Mensch durch die Wiederholung solcher Fälle und durch die garantiert nicht
ausbleibende Erleichterung, daß er und sein eigener Liebling nur mit dem
Schreck davon gekommen sind, ganz allmählich an den Recyclinggedanken, ohne
daß es ihm bewußt wird. Und schließlich schmeckt die schlichte Gemüsesuppe,
selbst aufgebrüht aus der Tüte, oder der leckere Erdbeerjoghurt mit seinem
hohen Fruchtanteil (aus gefärbtem Apfeltrester mit Erdbeeraromen) dann doch
gleich viel besser.
4. Juni 2007
Copyright 2007 by MA-Verlag
Elektronische Zeitung Schattenblick, ISSN 2190-6963
Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher
Genehmigung des Verlages.
Redaktion Schattenblick, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth
Telefon: 04837/90 26 98 · Fax: 04837/90 26 97
E-Mail: ma-verlag.redakt.schattenblick@gmx.de
Internet: www.schattenblick.de
Inhaltverzeichnis
Zur Tagesausgabe
Vorherige Seite
Erste Seite

KOMMENTAR/079: Putzmittel im Hundefutter (SB)
Streckungsmittel im Tierfutter - Vorbote einer globalen Entwicklung
Ersatzstoffe und frisierte Lebensmittel sind auf dem Vormarsch
Melamin und Cyanursäure im Tierfutter
Mit der skurrilen Science-fiction Idee, alle organischen Abfälle,
einschließlich tierischer und menschlicher Kadaver, in einzelne Bausteine
zu zerlegen und wieder der Nahrungsmittelproduktion zuzuführen, weil die
Nahrungsvorräte, d.h. frische Lebensmittel, nicht mehr für die wachsende
Weltbevölkerung reichen, sind die meisten von uns spätestens seit dem Film
"Soilent Green" bestens vertraut. Was seinerzeit kritische Denkanstöße
liefern sollte durch die Darstellung auf die Spitze getriebener,
gruseliger Recyclingmethoden ist allerdings zumindest für das Tierfutter
inzwischen bittere Wahrheit geworden.
Spätestens, seitdem vor einem Monat das neue Recherchebuch von dem
bekannten, einstigen Spiegel-Journalisten Hans-Ulrich Grimm "Katzen würden
Mäuse kaufen" mit dem Untertitel "Schwarzbuch Tierfutter" erschienen ist,
wissen wir, daß so ziemlich alles, was Menschen eklig finden, Hunde wie
andere Tiere aber als freßbar betrachten, durchaus schon zu Tierfutter
verarbeitet worden ist. Immer wieder käme es vor, daß Schlachtabfälle und
verdorbenes Fleisch als Tiermehl im Futter landen, sagte Grimm am 10.
April 2007 zur Einführung seines Buches im Deutschlandradio Kultur.
... Wenn Grimm bei seinen Recherchen nicht weiterkam, weil sich die
Auskunftsfreude der Branche in Grenzen hielt, dann zitiert er aus deren
internen Anweisungen und Standardwerken wie der "Klinischen Diätik für
Kleintiere". Darin steht, dass Tiere "auch Dinge fressen, die für den
Menschen unappetitlich sind", darunter "Erbrochenes, Abfall und sogar
Kot und Kadaver".
(DLF, 15. Mai 2007)
Hundebesitzer wissen ein Lied davon zu singen, was so mancher Vierbeiner
als "lecker" oder "verzehrenswert" betrachtet, wenn sie bei ihrem Liebling
durchsetzen müssen, die tote Scholle am Strand oder den halbverwesten
Hasen im Feld nicht ganz aufzufressen, geschweige denn andere organische
Reste unbestimmter Herkunft am Wegesrand. Allerdings glaubten wohl die
meisten von uns bisher, daß die sauber abgepackten Hundefuttertüten oder
die mit Gewinnerschleifen von Tiershows im Label versehenen
Tierfutterdosen reines, gutes Qualitätsfutter enthalten, das den Liebling
nicht nur mit wertvollen Rohstoffen, sondern auch noch mit den für sein
Alter, sein Gewicht oder seine Rasse wichtigen und notwendigen
Nährstoffen, Mineralien und Vitaminen versorgt. Die Angaben von
vermeintlich hochwertigen Rohproteinanteilen, Mineralstoffen, Fett u.
dgl., mit denen sich die bunten Labels so fachmännisch schmücken, sagen
allerdings nichts darüber aus, woher die Proteine stammen und ob die
Futtermischung, die laut Grimm zudem mit "allerlei chemischen Tricks"
versehen werden muß, damit selbst Tiere sie überhaupt als etwas Eßbares
wahrnehmen, ihre Analysenwerte aus Fleischabfällen, Aschen oder einem
Stück frischen Fleisch gewonnen hat. Mit chemischen Tricks und
Geschmacksverstärkern kann auch der feinste Geruchssinn fehlgeleitet
werden. Und das sollte auch dem zweibeinigen Verbraucher zu denken geben.
Was nämlich bei der Tiernahrung möglich ist, gilt auch für Lebensmittel.
Ohne Geschmacksmanipulationen durch Geschmacksverstärker und künstliche
Aromen geht es kaum noch. Manche an künstliche Düfte gewöhnte Kinder
lehnen inzwischen sogar schon frische Erdbeeren als "viel zu fade" im
Geschmack ab und verweigern die Nahrungsaufnahme, wenn es sich denn nicht
um die gesunden, synthetischen "Fruchtdesserts mit naturidentischem
Geschmack" handelt.
Was das aufgemotzte Lebensmittelabfallrecycling angeht - und es gibt auch
dafür in der Lebensmittelbranche zahlreiche schreckliche Beispiele (siehe
hierzu auch KOMMENTAR/066: Über das Geheimnis zarter, weißer
Hühnerbrüstchen) -, so kann man sagen, was man will, zumindest hat man es
dabei immer noch mit tierischen Proteinen, d.h. verdaulicher Nahrung zu
tun.
Die Grenze zu rein synthetischer Nahrung bzw. zu vorgetäuschter Nahrung
ohne jeglichen Nährwert ist jedoch sehr dünn. Eine vage Ahnung von dem,
was möglich wäre oder vielleicht sogar angestrebt wird, liefern vor allem
jene stolz angepriesenen Nahrungssurrogate der Diätmittelhersteller, die
unverdauliche Fette und Zellulose als Gleitmittel und Magenfüller sowie in
sogenannte Zeolithe eingebrachte Geschmacksstoffe für teures Geld
verkaufen. Zeolithe oder auch Kieselgur sind sehr gute Absorbentien, d.h.
es handelt sich hierbei letztlich um die Kieselsäureskelette kleinster
Urtierchen (Diatomeen), die z.B. als Ablagerungen aus dem Meer oder
bestimmten Bodenschichten gefunden werden. Genau genommen und rein
chemisch ist es allerdings nichts anderes als besonders poröser Sand, d.h.
kleinste Kiesel mit einer besonders großen Oberfläche, was ihn
ausgesprochen saugfähig und zu einem hervorragenden Trägermaterial für
andere Stoffe macht.
Was in Diätprodukten noch erwünscht sein mag, wird jedoch inzwischen auch
in der normalen Lebensmittelproduktion als Ersatz- und Austauschstoff
zunehmend gang und gäbe, unter dem Vorwand, auch hier Kalorienmengen oder
Fettstatistiken in einem besseren, vermeintlich gesünderen Licht
erscheinen zu lassen. Jedem kritischen Betrachter drängt sich allerdings
der Schluß auf, daß die preiswerten Surrogate möglicherweise auch über den
aufkommenden Mangel hinwegtäuschen helfen.
Wen wundert es da noch, wenn sogar die Hersteller von einzelnen
Zusatznährstoffen (wie Weizengluten für die Spaghetti-Industrie) mal in
den chemischen Zauberkasten greifen, um die eigenen Produkte aufzuwerten,
zumal nicht nur die Nährwerte in den Agrarprodukten durch die zunehmend
ausgelaugten Böden sinken (d.h. der Glutengehalt im einzelnen Weizenkorn),
sondern zahlreiche Mißernten oder schlechte Erträge durch die sich
ändernden Umweltbedingungen einfach gar nicht mehr die nötigen Mengen an
Agrarrohstoffen zur Verfügung stellen. Solange diese Substanzen keine
unangenehmen Nebenwirkungen besitzen, merkt niemand etwas von der
Manipulation, zumal die Analysewerte gerade durch diese Zusätze in einem
besonders guten Licht erscheinen.
Pech allerdings für den Hersteller wie die verarbeitende
Lebensmittelindustrie, wenn dabei Fehler unterlaufen, die auf solche
betrügerischen Machenschaften aufmerksam machen, wobei es letztlich wie in
dem kürzlich durch die Medien bekanntgewordenen Skandal zweier
chinesischer Produzenten immer diejenigen am meisten trifft, die am
wenigsten mit der ganzen Affäre zu tun haben. So hieß es in einer
Pressemitteilung der Nachrichtenagentur Reuters schon am 3. April, die
amerikanische Food and Drug Administration habe die Einfuhr von
Weizengluten der Firma Xuzhou Anying Biologic Technology Development
Company Ltd. gestoppt.
The FDA said wheat gluten supplied by the company to Menu Foods was
found to contain melamine, a chemical used in plastics and fertilizers.
Menu Foods has recalled 60 million cans and pouches of "cuts-and-gravy"
style wet pet food sold under various brands after the deaths of 14 cats
and dogs.
(Reuters, 3. April 2007)
14 Tiere waren an Tierfutter gestorben, in dem das Gluten dieser Firma
verarbeitet worden war. Im Futter will man schließlich Melamin gefunden
haben, ein Stoff, der, weiterverarbeitet zu Harz in hochglänzenden
Autolacken, in Kunstharzen, in sogenannten Aminoplasten, in vielen
Gebrauchsgegenständen aus Kunststoff und schließlich als Abrasivteilchen
(Scheuerteilchen) in Scheuer- und Putzmitteln herkömmlicher Hersteller
nichts Ungewöhnliches ist, aber in Hundefutter schlicht nichts zu suchen
hat.
Was aber hat Melamin im Hundefutter zu suchen?
Melamin wird technisch aus nichts anderem als Harnstoff gewonnen, wobei
sich Harnstoff NH2-CO-NH2 zu einem Sechsring (chemisch einem
1,3,5-Triazin) schließt. Wenn man bedenkt, daß sich Harnstoff aus beinahe
allen Exkrementen und organischen Abfällen gewinnen läßt, die von
proteinhaltigen Lebewesen stammen, dann bekommt das Ganze an dieser Stelle
schon einen leicht makabren, soilent-grünen Beigeschmack. Allerdings ist
Harnstoff, abgesehen von seiner Funktion als Düngemittel, sogar ein ganz
legaler Zusatz für Futtermittel, um den Stickstoffanteil zu erhöhen und
keineswegs schädlich. Mensch und Tier haben, sofern sie gesund sind,
ausreichend Möglichkeiten in ihrem Metabolismus, mit Harnstoff
fertigzuwerden.
Melamin eignet sich allerdings nicht nur mit seinem im Vergleich zu
Harnstoff noch höheren Stickstoffanteil von 60 Prozent dazu, Stickstoff zu
ergänzen, es täuscht bei einer bestimmten Probe auf Proteine (der
sogenannten Weender Analyse) einen wesentlich höheren Proteingehalt und
damit z.B. im Gluten ebenfalls eine höhere Qualität vor als eigentlich
vorhanden.
Da Melamin im tierischen Organismus auch wieder zu Harnstoff abgebaut
werden kann, wird es laut Veterinär Dr. Manfred Stein erst ab einer
unüblich hohen Konzentration für den tierischen Organismus schädlich, d.h.
wenn soviel Melamin ausgeschieden werden muß, daß es in der Blase
auskristallisiert und Blasensteine verursacht. Gestorben wäre daran aber
bisher noch kein Tier.
Anders gesagt, die chemische Substanz Melamin wurde vermutlich schon
jahrelang Pflanzeneiweißstoffen wie Gluten (Weizen) oder Reisproteinen
beigemischt, ohne daß es jemandem aufgefallen oder ein Tier zu Schaden
gekommen wäre.
Die Todesfälle an Haustieren in Amerika sollen auf einen zweiten Stoff in
dem Tierfutter zurückgehen, der vermutlich absichtlich beigefügt wurde, um
wiederum den Proteinersatzstoff Melamin zu strecken.
Bisher spekuliert man
darüber, daß
dieser Stoff, die
Cyanursäure, wegen ihrer
großen Ähnlichkeit zu Melamin ausgesucht worden ist, weil nicht mehr
ausreichend Melamin zum Vortäuschen von Protein zur Verfügung stand.
Offenbar wußte
man nicht, daß
dies fatale Folgen vor allem für den Endverbraucher haben würde.
Schließlich kann der Hersteller nicht unbedingt vorausahnen, zu was sein
Gluten letztlich verarbeitet wird, Tierfutter oder Spaghetti.
Cyanursäure gleicht Melamin (chemisch eigentlich Cyanursäure-amid) von der
chemischen Struktur her wie ein Zwilling dem anderen, bei dem aber alle
aus dem Ring herausragenden Aminogruppen durch OH-Gruppen ersetzt worden
sind. Man kann z.B. Melamin auch unter bestimmten Voraussetzungen
gewinnen, indem man Cyanursäure in Ammoniak kocht. Soweit gingen die
chinesischen Pflanzeneiweißhersteller allerdings nicht. Sie ergänzten ganz
einfach die fehlende Menge Melamin mit Cyanursäure (die allerdings nur
noch die Hälfte an Stickstoff enthält).
Cyanursäure
ist zwar ein Reizstoff, der
u.a.
zur Schwimmbaddesinfektion verwendet wird,
wäre aber für sich genommen ebenfalls kein
ausgesprochenes Gift.
Gemeinsam
mit Melamin entsteht
daraus dann ein tödliches Gemisch ,
was fatalerweise erst durch diese Futtermittelverfälschung
entdeckt wurde.
Wie diese beiden Stoffe genau zusammenwirken, wußte man zunächst nicht.
Die betroffenen Tiere zeigen die bekannten Symptome von Nierenversagen.
D.h. sie reagieren mit vermehrtem Wasserbedarf und entsprechend starkem
Wasserlassen, das dann wieder nachläßt, bis zum vollständigen
Nierenversagen. Der Symptomkomplex trifft aber auch noch für eine Anzahl
weiterer Erkrankungen zu (z.B. Diabetes oder Leptospirosa-Infektionen), so
daß im Verdachtsfall das Hinzuziehen eines kompetenten Tierarztes für eine
sachliche und umfassende Diagnose unerläßlich bleibt. Spekulationen oder
vorschnelle Panik aufgrund eines Verdachts auf Vergiftung könnten ebenso
fatale Folgen haben wie unterlassene Hilfsmaßnahmen.
Ab einem gewissen Punkt der Vergiftung ist die Niere allerdings so
geschädigt, daß es für das Haustier meist keine Rettung mehr gibt, denn
die sehr teure künstliche Dialyse, die als einzige und letzte Rettung bei
Nierenversagen das Mittel der Wahl wäre, ist in der Tiermedizin gar nicht
vorgesehen.
In einem Bericht der amerikanischen University of Guelph in der von ihr
veröffentlichten "Science Daily" vom 3. Mai 2007 konnte man dann
schließlich auch eine mögliche Erklärung dafür finden, warum Cyanursäure
und Melamin gemeinsam mit den Todesfällen in Verbindung gebracht werden
dürfen. Wissenschaftler hatten aus dem Urin der erkrankten bzw.
verstorbenen Tiere Kristallspuren isoliert, die sie mit synthetisch
hergestellten Kristallen verglichen, die wiederum im Labor aus Cyanursäure
und Melamin produziert worden waren. Tatsächlich handelte es sich um die
gleichen Stoffe, was den Verdacht erhärtet, daß diese beiden Stoffe
zusammen in den Pflanzenproteinen der betroffenen chinesischen Firmen
verwendet worden sind.
Daß
sich Cyanursäure
aus Melamin abspaltet, wäre zwar theoretisch ebenfalls möglich, allerdings
nur in starken Säuren oder beim Erhitzen über 200 bis 300 Grad Celsius,
was in diesem Fall wohl kaum unbemerkt geblieben wäre.
Im tierischen Organismus reagieren die beiden Substanzen vermutlich unter
Auskristallisation miteinander, wobei sie die Kanälchen in den Nieren
verstopfen, was dann mit den beschriebenen fatalen und vermutlich
irreversiblen Folgen für das Tier endet, wenn man bedenkt, daß Melamin
chemisch durch Polykondensation mit Formaldehyd zu den sogenannten
Melaminharzen (Kunstoffpolymeren) große dauerhafte Moleküle bildet. Tritt
hier die Cyanursäure beispielsweise an die Stelle des Formaldehyds, dann
lassen sich die Polymere im tierischen Organismus nicht mehr auflösen.
Man kann daher die Panik durchaus verstehen, als NDR info am 10. Mai den
Verdacht äußerte, es sei möglicherweise auch mit Chemikalien verseuchtes
Katzen- und Hundefutter nach Deutschland gelangt. In den USA steht der
Futtermitterhersteller Menu-foods, der 60 Millionen Dosen zurückrufen
mußte, inzwischen kurz vor der Pleite, obwohl er selbst eigentlich zu den
Betrogenen gehört. Die Möglichkeit, daß Gluten oder Reisprotein der
chinesischen Hersteller auch in der nordamerikanischen oder europäischen
Lebensmittelindustrie gelandet sein könnte, wurde allerdings bisher immer
verneint. Doch gründet sich diese Aussage nicht auf Analysen. Laut NDR
info:
... sind in Deutschland die Bundesländer für die Überwachung von
Futter- und Lebensmitteln zuständig. Nach Auskunft der Ministerien
werden bislang keine Produkte auf Melamin getestet.
(Norddeutscher Rundfunk 10. Mai 2007/RC)
Neben der Angst vor einer langen und schmerzhaften Krankheit gehört Gift
zu den Dingen, vor denen sich der Mensch am meisten fürchtet. Gerade diese
Angst und Panik wird durch die Medien geschürt, während sie die sehr viel
schwerwiegenderen Probleme, die die Zukunft der Menschheit betreffen,
gewöhnlich doch lieber verschleiern und verharmlosen.
Man könnte meinen, daß mithilfe der Sorge und der Angst um des Menschen
besten Freund zum einen gerade von den eigentlich gravierenderen
Schwierigkeiten wie massiven Umweltveränderungen abgelenkt werden soll.
Zum anderen gewöhnt sich der Mensch durch die Wiederholung solcher Fälle
und durch die garantiert nicht ausbleibende Erleichterung, daß er und sein
eigener Liebling nur mit dem Schreck davon gekommen sind, ganz allmählich
an den Recyclinggedanken, ohne daß es ihm bewußt wird. Und schließlich
schmeckt die schlichte Gemüsesuppe, selbst aufgebrüht aus der Tüte, oder
der leckere Erdbeerjoghurt mit seinem hohen Fruchtanteil (aus gefärbtem
Apfeltrester mit Erdbeeraromen) dann doch gleich viel besser.
4. Juni 2007
Copyright 2007 by MA-Verlag
Elektronische Zeitung Schattenblick, ISSN 2190-6963
Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher
Genehmigung des Verlages.
Redaktion Schattenblick, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth
Telefon: 04837/90 26 98 · Fax: 04837/90 26 97
E-Mail: ma-verlag.redakt.schattenblick@gmx.de
Internet: www.schattenblick.de
zur Originalseite: http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/cheko079.html
§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§
zur originalseite: PDF]
othes.univie.ac.at/12380/1/2010-12-01_9804770.pdf
Toxizität der Kombination von Melamin und Cyanursäure
Der Beweis, dass das Auftreten akuter Nierenversagen bei Katzen und Hunden im
Jahr 2007 durch den Konsum von kontaminiertem Tierfutter entstanden ist, lässt
darauf schließen, dass Melamin und Cyanursäure in Kombination eine erhöhte
renale Toxizität aufweisen. Aufgrund dieses Zwischenfalles, wurden
Tierfutteranalysen angestellt. Diese zeigten die Gegenwart einer Vielzahl an
Triazinen im Futter, darunter auch Melamin und Cyansäure. Eine klein angelegte
Studie, in der Katzen mit melamin- und cyansäurehältigem Futter gefüttert
wurden,
40
ergab, dass Nierenversagen und Nierensteinbildung vermehrt auftreten (Brown et
al.
2007; Puschner et al. 2007). Dies wurde von Dobson et al. 2008 bestätigt, der
Studien durchführte, in der Ratten einmal Melamin allein, Ammelin und Ammelid
(Hydrolyseprodukte von Melamin) allein, eine Melamin- und Cyansäuremischung und
eine Mischung aller Komponenten erhielten. Weder Ammelin, noch Ammelid alleine
rufen renale Effekte hervor, aber die Mischung hinterließ signifikante
Nierenschädigungen und Kristalle in den Nephronen. Analysen bestätigten die
Anwesenheit von Melamin und Cyansäure in der Niere. Einzelne Kristalle aus
Ratten
und Katzen wurden mit Hilfe einer Infrarotmikroskopie nach dem
Tierfuttermittelskandal analysiert. Durch diese Untersuchung wurde der Verdacht
bestätigt, dass die Kristalle aus Melamin und Cyansäure bestanden.
Das Salz Melamincyanurat weist eine sehr geringe Löslichkeit auf und es wird
angenommen, dass das zur Bildung von Melamincyanuratkristallen in der Niere
beiträgt. Man nimmt an, dass Melamin und Cyanursäure vom Gastrointestinaltrakt
aufgenommen und daraufhin systematisch verteilt werden. Anschließend bilden sie
Niederschläge in den Nierentubuli, welche zunehmend zu tubulären Blockaden und
Degenerationen führen. Die Gründe die für diese Niederschlagsbildung
verantwortlich sind, sind noch nicht restlos geklärt (Dobson et al. 2008).
Nach der neuen Beurteilung der UN Normungsorganisation (United Nation`s food
standards body), der Codex Alimentarius-Kommission, beträgt der erlaubte
Maximalbetrag von Melamin in Fertigpulver für Kinder 1 mg/kg und in anderen
Nahrungsmitteln und Tierfutter 2,5 mg/kg. Dies wurde am 6. Juli 2010 in Genf
beschlossen (WHO 2008).
zur originalseite: PDF]
othes.univie.ac.at/12380/1/2010-12-01_9804770.pdf
§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§
mehr inf:
http://chrisi.net/ernsti/Melamin.htm
http://chrisi.net/ernsti/mau3
last update: 31.08.2014